03.07.2023 Zurück zur Übersicht

Turnierbotschafter Severin Lüthi im Interview

Severin Lüthi, Captain des Schweizer Davis Cup-Teams und langjähriger Coach von Roger Federer, ist Ambassador des Finaport Zug Open 2023. Der 47-jährige Berner gibt Einblick in die Zeit nach Roger Federer, in die Hot Mission des Davis Cup-Teams und die Herausforderungen auf der ATP Challenger Tour.

Die dreiteilige Videoserie des Interviews gibt es unten zu sehen. 

Es ist bald ein Jahr her seit Roger Federers Abschied im Rahmen des Laver Cup. Wie hast du diesen Abend erlebt?
Das war wirklich ein sehr bewegter Abend. Obwohl wir uns darauf vorbereiten konnten, nahmen dann die Emotionen am Schluss Überhand. Es liefen so viele Sachen so schnell ab, dass man gar nicht mehr wusste, wie einem geschah.

Im Vorfeld hoffte ich einfach, dass der Abend dann genau so verlaufen würde, wie Roger sich das ausgemalt hatte.

Sein Rücktritt hat ganz direkt Einfluss auf deine Jahresplanung, da viele Wochen frei werden. Wofür hast du jetzt mehr Zeit und Ressourcen?
Generell ist einfach alles viel besser planbar. Wenn du auf der ATP Tour bist, denkst du zwischen den Turnieren immer in Eventualitäten. Du hältst dir Termine offen, und kannst selten definitiv zusagen. Ich bin jetzt mehr zuhause, und habe mehr Zeit für Familie, Freunde und eigene neue Projekte. Das geniesse ich sehr.

Stan Wawrinka hat sich nach einer langwierigen Verletzung zurückgekämpft, und wurde in Roland Garros vom Publikum frenetisch gefeiert. Was denkst du, was löst dies bei ihm aus? Was können die Tennisfans von Stan noch erwarten dieses Jahr?
Ich mag ihm dies von Herzen gönnen. Er ist eine unglaubliche Kämpfernatur mit grosser Leidenschaft. Es gibt wohl dieses Phänomen, wenn die Leute wissen, dass ein Topspieler nicht mehr viele Jahre auf der Tour sein wird. Sie wollen Stan nochmals auf den grössten Bühnen der Tenniswelt erleben, und sich von ihm begeistern lassen. Ich finde, er ist nicht sehr weit weg von einem sehr guten Niveau, mit dem man Turniere gewinnen kann. Stan sollte man nie abschreiben.

Im Februar hat das Schweizer Davis Cup-Team mit einer grossen Willensleistung die Quali-Begegnung gegen Deutschland gewonnen, im September stehen in Manchester die Final-Gruppenspiele an. Was hat der Sieg gegen Deutschland ausgelöst?
Die Euphorie war riesig, und wir können sehr stolz sein auf den Sieg gegen Deutschland. Als Captain schaue ich aber bereits vorwärts auf die nächsten Partien. Geniessen kann man im Tennis oft nur sehr kurz. Wir haben ein Team mit vielen guten Typen, die zu Stan als Leader aufschauen. Ich hoffe, dass sich die jungen Spieler jetzt noch weiterentwickeln und der Schweiz somit noch viele gute Davis Cup-Jahre bescheren.

Wo liegt der Fokus des Captains, um die Spieler auf die jeweiligen Herausforderungen im Davis Cup – oft bei sehr unterschiedlichen Bedingungen – vorzubereiten?
Jede Partie ist anders. Ein grosser Teil der Vorbereitungsarbeit geschieht dabei ganzjährig und langfristig. Ich sammle Informationen über den Gegner, vor allem wenn er auf der Weltbühne eher unbekannt ist. Dazu telefoniere ich viel mit anderen Coaches und Spielern. In der kurzfristigen Vorbereitung schaue ich mir Trainings des Gegners an, mache Videostudium oder interpretiere Statistiken. Wichtig ist jedoch, dass wir diese Informationen für unsere Spieler einfach und verständlich bereitstellen. Je grösser die Anspannung beim Spieler ein einem wichtigen Match, desto eher liegt der Fokus auf der Struktur des eigenen Spiels und weniger auf taktischen Finessen.

Das Zug Open feiert seine zweite Ausgabe. Wie wichtig sind Challenger-Turniere im eigenen Land für den Schweizer Nachwuchs?
Challenger-Turniere im eigenen Land sind essenziell. Italien hat zum Beispiel in den letzten Jahren extrem viele Turniere ausgetragen. Ich denke, das ist sicher einer der Faktoren, dass das Land jetzt eine hohe Dichte an jungen Topspielern hat. Die Challenger-Turniere in der Schweiz bedeuten eine extra Motivation und geben eine Perspektive. Wenn du als Jungtalent eine Wildcard erhältst, dann ein paar Matches gewinnst, kann dies den Eintritt in die Profikarriere stark beschleunigen. Für die gleiche Punkteanzahl müsste man sonst kostspielig ein Jahr durch die Welt reisen und sich durch viele kleine Turniere kämpfen.

Wo entscheidet sich bei jungen Spielern, ob es für eine Profi-Karriere reicht? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Das ist ein grosses Puzzle mit vielen Teilen, welche eine Wechselwirkung zueinander entfalten. Einerseits sind es die spielerischen Faktoren: Talent, Technik, taktisches Verständnis, Physis. Andererseits ist die Leidenschaft fürs Tennis für mich als Coach zentral. Es ist ein sehr langer und oft beschwerlicher Weg von der Juniorenstufe auf die Profitour. Und eine Leidenschaft, ein inneres Feuer hilft, diesen Weg nicht aus den Augen zu verlieren und mit Rückschlägen umgehen zu können.

Die Qualifikation für die Haupttableaus der Grand Slams wird als wichtiger Meilenstein in einer jungen Karriere gesehen. Dominic Stricker, Sieger des Zug Open 2022, hat dies in Roland Garros zum ersten Mal geschafft. Warum ist dieser Schritt wichtig? Was ändert sich an der Ausgangslage?
Die Grand Slams sind top organisiert, das Preisgeld und die Punktezahl sind hoch, und im gleichen Tableau tauchen Namen wie Djokovic oder Alcaraz auf. Man ist dort, wo man Jahre lang darauf hingearbeitet hat. Ich glaube, die Spieler merken in diesem Moment: Jetzt gehöre ich richtig dazu.

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